bookmark_borderJE SUIS…

Je suis Charlie – d’accord!
Aber aus dem Munde einiger bundesrepublikanischer Amtsinhaber, die erst 2014 dazu aufriefen, dass Deutschland sich auch militärisch international stärker bemerkbar machen müsse, klingt diese wohlfeile Parole doch ein wenig verlogen. Seit vielen Jahrzehnten hat keine einzige Regierungskoalition Deutschlands ernsthaft versucht, etwas daran zu ändern, dass die deutsche Rüstungsindustrie zum drittgrößten Waffen-Exporteur der Welt werden konnte.
Als im September 2009 der Bundeswehr-Oberst, Georg Klein, in der afghanischen Provinz Kundus eine 500-Pfund Bombe auf einen Tanklastzug abwerfen ließ, starben mehrere Dutzend Zivilisten. Die damalige EU-Außen-Kommissarin, Benita Ferrero-Waldner, sprach von einer „großen Tragödie“. So viel zu Sprachregelungen. Und wie selbstverständlich sind wir inzwischen daran gewöhnt worden, „unschuldige“ Opfer zu beklagen, ohne zu fragen, wer jeweils (und auf welcher Grundlage) über schuldig oder unschuldig befindet? Genügt es nicht, einfach „nur“ Opfer zu beweinen? Ob in Paris, Afghanistan, Palästina, Syrien, Nigeria, in der Ukraine… überall und tagtäglich?
JE SUIS LÀ, POUR PENSER.

bookmark_borderMAUERSCHAUER

Wieder einmal haben Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident Joachim Gauck und – mit ein wenig Verspätung – auch Sie, sehr geehrter Herr Wolf Biermann, allergrößte Zivilcourage bewiesen und – aus aktuellem Anlass – das deutsche Volk vor der verbrecherischen, stalinistisch-kommunistischen SED-Nachfolge-Partei „Die Linke“ gewarnt. Unfassbar, nicht wahr, dass gleich mehrere Millionen Bundesbürger dieser Partei seit Jahren bei Wahlen ihre Stimme anvertrauen, wo diese doch noch immer – irgendwie – von Moskau aus ferngesteuert, also „reaktionär“ sei, wie Sie, Herr Biermann, glaubhaft versichern konnten?

Und wieder einmal ist es Ihnen gelungen, ohne sich selbst ins Rampenlicht (hier: der Gethsemane-Kirche bzw. dort: des Deutschen Bundestages) zu setzen (schließlich wurden Sie ja jeweils dorthin „gelockt“, wie Sie, Herr Biermann, es nannten), durch Ihre bedeutsamen Ausführungen nahe zu legen, dass es ohne solch mutige Bürgerrechtler, Freiheitskämpfer und zutiefst demokratische Revolutionäre, wie Sie es waren und immer geblieben sind, nie und nimmer zum Fall der Mauer, diesem historischen Ereignis, das sich in diesen Tagen zum 25. Mal jährt, gekommen wäre.

Natürlich wird es wieder einige so unverbesserliche wie unbelehrbare Zeit-Zeugen geben (-Genossen passt ja nicht so ganz, nicht wahr?), die daran erinnern, dass Sie, Herr Biermann, sich 2003 für den Irakkrieg der USA ,unter George W. Bush, aussprachen, in dem doch – wie immer in den Kriegen der USA – einzig und allein die Demokratie und die Freiheit der westlichen Welt verteidigt wurde, und dass Sie, Herr Biermann, die vielen deutschen Kriegsgegner als „Nationalpazifisten“ verhöhnten, oder dass, wie der SWR-Korrespondent in der DDR, Gerhard Rein, unterstützt vom Mitbegründer des „Neuen Forums“, Hans-Jochen Tschiche, schrieb, „ein politisches Engagement gegen den repressiven Staat“ durch Sie, Herr Bundespräsident, vor dem Oktober 1989 „nicht auszumachen“1 gewesen sei. All diese ewigen Nörgler sind eben nichts als Sympathisanten oder gar Wähler des „elenden Rests“, wie Sie, Herr Biermann, die im Bundestag vertretenen Abgeordneten der „Linken“ charakterisierten.

Oh ja, die „Reaktionäre“ von CDU, CSU und SPD, die Sie zum Gitarrenspiel eingeladen hatten, wussten selbstverständlich ganz genau, was sie außerdem (und gratis) von Ihnen erwarten durften, und natürlich durften Sie diese Erwartungen wirklich nicht enttäuschen.
Es bleibt uns allen also nur: Zu hoffen, dass Sie, sehr geehrte (Ex-)Bürgerrechtler, nicht müde werden, sondern wachsam bleiben und uns immer wieder in Erinnerung rufen, dass „der Schoß…“ (Sie wissen schon – das war zwar mal anders gemeint, aber egal, oder?), falls es denn tatsächlich dazu kommt, dass der „Wessi“, Bodo Ramelow, die ehemailge FDJ-Funktionärin, Christine Lieberknecht, als Thüringischer Ministerpräsident ablösen sollte, was Gott um Himmels Willen verhindern möge, sofern es ihn gibt und es ihm opportun erscheint.

1  „Tagesspiegel“ vom 24.2.2012

„DER MAUERSCHAUER

Schaut doch, wie schön! Es ist gerade Frieden hier im Hinterland, und darum kann ich das sagen….Aber warum fällt mir das Schönfinden heutzutage schwerer und schwerer?“

(Peter Handke: „Das Spiel vom Fragen“, S. 14, Frankfurt am Main 19902 Suhrkamp Verlag)