bookmark_borderUnabweisbare Nacht-Gespenster

 Berücksichtige ich alles, was ich weiß (oder: wovon ich etwas weiß), so geschieht das meiste (in) meiner INNEN-Welt sowie das meiste (in) der mich umgebenden AUSSEN-Welt ohne mein Zutun und auch, ohne dass es mir überhaupt möglich ist, in diese mehr oder weniger komplexen multiplen Prozesse einzugreifen.
                Und da dies für jeden anderen Menschen der Erde grundsätzlich in ähnlicher Weise gilt und galt, schien es irgendwann einmal notwendig gewesen zu sein, für all dies Schicksalhafte oder eben Unbeeinflussbare geheimnisvolle Wesen, Götter oder Gottheiten erst für zuständig, dann für verantwortlich und schließlich gar für unfehlbar zu erklären, um diesem subjektiven Ohnmachtsgefühl eine Art objektiven Ausdruck zu verleihen. Dies als „naiv / primitiv“ oder gar „hilflos“ zu bezeichnen, kehrt sich gegen die Urteilenden, die davon um so gut wie nichts Besseres zu sagen wissen.
                Aber wenn es doch nun so war – wie sehr oft – dass ganz am Anfang die irrige Annahme und der falsche Schluss, jeweils zum Greifen so nah, beieinander lagen? Und wenn, fast wie von selbst, gleich alles begriffen erschien und fortan auch in Geltung blieb – der Einfachheit halber und später dann, im Dienste der jeweils herrschenden Interessen?
                Das macht: Obwohl sich an diesen elementaren Grundlagen aller Ideologie bis heute qualitativ kaum etwas geändert hat, wird beispielsweise behauptet, in Folge der Erkenntnisse der Natur-Wissenschaften, insbesondere der Neuro-Wissenschaften, erübrige sich letztendlich nicht nur jeglicher Götter-Gedanke, sondern das gesamte menschliche Verhalten sei – im Grunde – eine mathematische Herausforderung und prinzipiell programmierbar. Sprachlogisch ist dieser (eben nur!) behauptete Zusammenhang, nicht widerspruchsfrei zu begründen. Er ist also, statt Widerlegung oder gar Erkenntnis zu sein, Widerspruch an und für sich.
                Vorgelegt werden für all dies, und alles Mögliche sonst noch, diverse „Studien“, so weit wie Auge und Gedanke nicht reichen…, die fälschlicher Weise als Beweise ausgegeben werden.
                Deshalb gehören diese „modernen“ positivistischen Wahrheits-Belege in ganz besonderer Weise zu den Haupt-Verdächtigen des alltäglichen, mitunter geradezu surreal existierenden Geschehens. Und Gottesbeweise hat es so wenig wie Widerlegungen in Wahrheit nie gegeben.

                Von vielen ähnlichen, logisch widersprüchlichen Behauptungen kann Vergleichbares gesagt werden und, wer weiß: Womöglich handelt es sich ja auch dabei, hegelianisch gesprochen, um so etwas, wie die „Anstrengung des Begriffs“, hervorgerufen von der Eigenbewegung des menschlichen Geistes, dessen Teil ein jeder zu sein vermag, wenn er nur will und bereit ist, die Ebenen des Alltäglichen zu durchschreiten?

Nebensachen:

                Immer geschieht irgendetwas, in jeder beliebigen Stille, zu jeder beliebigen Zeit, an jedem beliebigen Ort. Die Aussage, dass hier oder dort gerade nichts geschehen würde, ist zwar möglich und wird in pragmatischer Weise auch verstanden, aber dennoch unwahr. Wahrer oder angemessener wäre es vielleicht, am Ende einer Beschreibung, z.B. statt: „…dann geschah nichts mehr an diesem Ort…“ vom Grünen der den Ort umgebenden Bäume oder vom dahinschmelzenden Schnee zu erzählen.
                Der Lauf der Dinge und der Zeit lehrt – andererseits – so unabweisbar wie evident, dass immer wieder mal irgendetwas dann doch nicht, bzw. manch sehnlichst Erwartetes partout nicht geschehen „will“. Und, beunruhigender mitunter: Oft geschieht völlig Unvorhergesehenes, „plötzlich und unerwartet“, aus heiterem Himmel sozusagen… bestimmt auch 2018!

bookmark_borderVerborgene Zusammenhänge

An einem Sommer-Sonntag-Nachmittag, mitten im schon halbleeren Stadtteil-Park hat es ein etwa dreijähriges Mädchen mit, vom Laufen wild wehender, blondgelockter Zöpfchen-Frisur, ziemlich eilig. Es mit der ganzen Hand festhaltend, streckt sie mir, fast ein wenig triumphierend, ein buntes Bonbon-Papier entgegen und hastet, ihr Ziel offensichtlich klar vor Augen, an mir vorbei. Wie sogleich zu sehen ist, beabsichtigt sie, ihre überflüssig gewordene Bonbonverpackung vorschriftsmäßig auf direktem Wege zum nächsten Papierkorb zu tragen.

Nach getaner Arbeit wendet sie sich noch kurz zurück zu mir, wie um zu kontrollieren, dass es mindestens noch einen weiteren Zeugen ihres Tuns geben möge; dann trabt sie, noch eine Spur selbstsicherer als zuvor, über die inzwischen matt leuchtende Wiese hinweg, in die Arme ihrer Erziehungsberechtigten, die sie mit sanft jubelnden, ausgebreiteten Armen erwartet. „Nicht sicher, ob wir einander jemals wieder begegnen,“ dachte ich auf einmal. Und ich kann (mir) nicht richtig erklären, warum sich diese Frage stellt und stellte, auf der lebenslangen Suche nach dem verborgenen Zusammenhang der Dinge?

bookmark_borderGedanken-Guerilla

Selbst wenn ich es mir wünschen würde, zu sagen oder aufzuschreiben, was ich jetzt gerade (oder gerade jetzt?) denke und selbst wenn ich dies noch so wahrheitsgemäß wie nur möglich zum Ausdruck bringen wollte, geschieht innerhalb des Wort- und Satzbildungsprozesses sowie an seiner Reflexions-Schwelle, die zunächst einmal zu überwinden ist, damit das Gedachte überhaupt Teil der Außen-Welt werden kann, eine meist nicht mehr rückbeziehbare oder rückgängig zu machende, Veränderung des Gedachten – sehr selten durchschaut und außerdem verbunden mit mehr oder weniger bewusster Selbst-Zensur, sodass der Satz: „Ich sage, was ich denke…“ logisch so gut wie unmöglich und eigentlich eine in sich widersprüchliche Äußerung darstellt.

Und wenn ich irgendwann einmal jemanden fragen möchte, was er gerade denke, so erinnere ich mich vielleicht daran, dass ich eigentlich darauf keine „wahrheitsgemäße“ bzw. angemessene Antwort zu erwarten habe und überlege mir, lieber gleich eine andere Frage zu stellen oder wenigstens eine veränderte Fragehaltung einzunehmen? Wie oft, pro Tag oder Stunde, mögen Menschen einander diese Frage stellen? Und wie oft wird die jeweilige Antwort, so oder so, mindestens unbefriedigend sein, viel öfter jedoch unwahr? Die Suche nach der Wahrheit oder den Wahrheiten endet mit der starken Vermutung, dass nur vom Finden des Unwahren und der Unwahrheiten berichtet werden könne.

Dennoch tragen solche und ähnliche Behauptungen, gerade wegen ihrer versteckten (also zu entdeckenden) Unwahrheiten dazu bei, meine Aufmerksamkeit für das zu schärfen, wofür die Sprache mehr und mehr herzuhalten gezwungen wird. Sie führen also, abgesehen von ihren jeweiligen (manipulativen) Absichten, als lebendiger Teil des Sprachgefüges, eine Art Eigenleben und bekommen nicht selten ganz allein Licht von anderer Seite. So gesehen kann unter Zuhilfenahme der Sprache zwar jede Menge Unsinn aber nur selten tatsächliche Sinnlosigkeit erzeugt werden.

Mit anderen, widersprüchlich interpretierbaren Formulierungen – wie: schwarze Null oder Zukunftsfähigkeit oder aktuell, weil wieder (und eigentlich so gut wie immer) Wahlkampf ist: Obergrenze und doppelte Haltelinie – kurz: der „atmenden Deckel“ der Populisten; mit diesem Verblödungs-Geschwätz hat sich längst ein totlässiger Jargon des Ungenauen, Beliebigen und Gleich-Gültigen nahezu unmerklich in die Sprache eingeschlichen – oder gar sich ihrer bemächtigt? 

Vorwiegend so, als sprachliche Verwirr-Spielchen entstehen heutzutage die großen Lügen sowie die noch größeren Unwahrheiten: in Form von alles und nichts sagenden Begrifflichkeiten der herrschenden Gedankenmüll-Produzenten. 

Nebensachen:

                Die „Trommeln in der Nacht“ – das sind in diesem August die feurigen Sommergewitter, und der Himmel ist nun mal nicht schuldig zu sprechen für das, was von dort kommt.

 

bookmark_borderNächte wollen nichts

Nichts, was nicht zunächst gelernt sein will oder gar werden muss; und dies gilt nicht zuletzt vom Wollen selbst (wieviel mehr noch im Gewand des freien Willens)? Gefragt wäre also ein Lernen, um wollen zu können, statt sich, ungeübt, oft weniger zuzutrauen, als die Gegebenheiten ermöglichen wollten. Der Kopf an der Wand sieht eben ähnlich ungekonnt aus wie das Stolpern beim zu schnellen Gehen, treppaufwärts, wie einst bei Edmund Stoiber.

Doch wäre der Wille der Menschen so frei, wie noch immer von all den heftig daran Interessierten behauptet wird, würde er wohl kaum, irgendwann einmal und immer wieder von Neuem, einen Gott, noch weniger einen Staat, bzw. sonstige, ihn bevormundende Autoritäten für sich gewollt haben und so manches andere vermutlich noch viel weniger.

Was würde es wohl für das Selbstverständnis und die Charakterisierung des, scheinbar nicht wegzudenkenden Menschlichen an sich, oder gar des Menschen an sich, bedeuten und wie würde sich die Beziehung zur Natur und zu dem, was sonst noch so alles als menschlich bezeichnet wird, verändern (müssen), falls nachprüfbar festgestellt werden könnte (und schließlich auch würde), dass es in der Geschichte all der unterschiedlichen Völker und Volksgruppen der Menschheit, vom Ende aus gesehen, doch so zugegangen sei, dass es durchaus als gerecht bezeichnet werden dürfte?

Aber von welchem Ende aus und wie und wann könnte dies in Betracht gezogen werden?

Nebensachen I:

Die Ferne selbst und das ersehnte Ferne locken nur, solange und sofern sie noch erreichbar zu sein scheinen. Dafür werben sie mit ihrer Aura, die ihnen irgendwann einmal zugeschrieben wurde…

Nebensachen II:

Obwohl so gut wie nie und jedenfalls nirgends auffindbar, existieren unzählige Chimären der Menschen so lange munter weiter, so lange sie ihnen nützlich erscheinen; und sei es nur, um etwas zu haben, wonach gesucht werden kann: Arbeit für die Jäger und Sammler, z.B. in Gestalt der Suche nach dem Sinn des Lebens, unerreichbarer Trost allem Sterblichen an und für sich. Denn so sehr sie sich auch immer bemühen und bemüht haben: Es blieb und bleibt davon kaum mehr als Fragwürdiges, allenfalls die dem Fragenden sich mal mehr, mal weniger aufdrängenden Frage-Möglichkeiten.

Warum vermag nur jene Sehnsucht, die um ihre Unerfüllbarkeit weiß, das Leben mit dem Glanz des Kostbaren zu beleuchten?

Wie viele haben schon lange und längst aufgehört zu denken und SIND, dessen ganz ungeachtet?

bookmark_borderGrundlose Nächte

                Was auch geschieht: Ob ein Auto, „scheinbar grundlos“, von der Fahrbahn abkommt oder eine Fußballmannschaft, wegen eines „unglücklichen Eigentors“, ein Spiel verliert oder aus heiterem Himmel ein Schuss fällt; es müssen Gründe gesucht und gefunden werden, um das Geschehene zu (er)klären und, wie oft zu hören ist, aus (vermeintlichen, oft jedoch nur unterstellten) Fehlern zu lernen. Aber zeigt sich denn nicht immer wieder neu, dass selbst die Vermeidung jeglicher „Fehlerquellen“ nicht dazu imstande war und ist, unerwünschte Ereignisse zu verhindern oder auch nur aufzuhalten?
                Kann es also nicht sein, dass eine unbekannte Anzahl von Ereignissen, ganz im Stillen, einer Art parallelen Logik jenseits des Vordergründigen folgt, und daher all die vielen, ungeliebten Niederlagen von einem (sozusagen: hinter dem Rücken vorangehenden) allmählichen Lernprozess begleitet werden, um wenigstens, sowohl den Zweifel an der eigenen Unsterblichkeit zu akzeptieren, als auch Trost darin zu finden?
Und ermöglicht das Verlieren nicht, sozusagen ins Reine übersetzt, das Wiederaufstehen so lange zu genießen, wie es noch möglich erscheint und ist? Ja, und was wäre dann eigentlich dagegen einzuwenden, ein schlechter Verlierer zu sein, oder wenigstens sein zu wollen oder zu werden? Womöglich ginge es in der Welt sogar viel gerechter zu, wenn es ganz viele schlechte Verlierer gäbe?
Nebensachen I:
                Teilnehmender Beobachter kann ich nur sein und als ein solcher gelten wollen, wenn ich zuvor schon längst beobachtender Teilnehmer geworden bin.
Nebensachen II:
                Muss aufrichtiges Erzählen nicht damit beginnen, zu erklären, warum dies in Wahrheit nicht möglich ist? Muss die Beschreibung des gerade Gedachten nicht damit beginnen, zu beschreiben, dass und weshalb dies wahrheitsgemäß nicht möglich ist?